Der Rezeptor, der SARS-CoV-2 das Andocken an Zellen des Respirationstrakts und damit die Primärinfektion erlaubt, ist das Angiotensin –konvertierende Enzym 2 (ACE2), nicht zu verwechseln mit dem besser untersuchten ACE. In Tierversuchen und in der Zellkultur wird ACE2 von ACE-Hemmern oder Angiotensin Rezeptor-Blockern (Sartanen oder ARB) hochreguliert. Das hat zu der Hypothese geführt, dass Behandlung mit diesen Substanzen vielleicht die Gefahr einer Ansteckung durch SARS-CoV-2 erhöht. Für oder gegen diese Hypothese gibt es aber keine überzeugenden Daten und das wollen wir im DZHK ändern.
Ein Problem ist, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck und Herzschwäche als solche das Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19 Infektionen erhöhen. Tatsächlich haben im aktuellen LEOSS Register (14.04.2020) 59% der Patienten mit einem komplizierten Covid-19 Verlauf kardiovaskuläre Vorerkrankungen, bei den kritisch Kranken sind es 64%, gegenüber 44% bei den unkomplizierten Fällen. Entsprechend häufig dürfte insgesamt die Vorbehandlung mit ACE Hemmern oder ARBs sein, die schon in der Gesamtbevölkerung bei 30% aller Menschen liegt.
Viele Daten zur Wirkung von ACE2 sprechen auch dafür, dass ACE2 eher eine protektive Rolle bei Herz-Kreislauferkrankungen spielt, weil es das schädliche Angiotensin II abbaut und das protektive Angiotensin 1-7 generiert. In vielen kardialen „Stresssituationen“ wie der Herzinsuffizienz ist das Enzym hochreguliert, was allgemein als Kompensationsmechanismus angesehen wird. Es könnte also sein, dass letztlich mehr ACE2 (als Folge von ACE Hemmern/ARBs?) unter dem Strich protektiv wirkt. Schließlich gibt es von HIV die interessante und paradox scheinende Beobachtung, dass hohe Konzentrationen des HIV-Rezeptoren CCR5 und CD4 mit einer verringerten Virulenz des Erregers assoziiert sind.
In dieser unklaren Situation haben DZHK Forscher beschlossen, in der Mainzer Myovasc Kohorte von Patienten mit unterschiedlichen Stadien der Herzinsuffizienz der Frage nachzugehen, ob die Therapie mit ACE-Hemmern oder ARB tatsächlich mit veränderten Konzentrationen von ACE2 assoziiert ist (siehe JMCC paper). Die Kohorte ist sehr gut charakterisiert und hat neben vielen klinischen und technischen Befunden Blutproben von 3200 Patienten asserviert. Darin will die Arbeitsgruppe von Philipp Wild mit einem ELISA die Konzentration von ACE2 messen. Diese kann dann mit dem klinischen Bild, der Behandlung mit ACE Hemmern/ARB und auch mit genetischen Daten, z.B. Polymorphismen im ACE2 Gen korreliert werden. Darüber hinaus erhoffen wir uns Aussagen zum Einfluss der ACE2 Konzentration auf die Infektionsrate, weil zu erwarten ist, dass zumindest ein kleiner Teil der Kohorte über die nächsten Monate Kontakt mit SARS-CoV-2 positiven Patienten hat.
Es ist klar, dass die Konzentration von ACE2 im Blut nicht gleichbedeutend mit ACE2 Konzentrationen im Epithel des Respirationstrakts ist, dem wichtigsten Gewebe für die Infektion. Als Surrogat dafür könnten die Daten aber hoffentlich wertvoll sein und einen Baustein darstellen in der Beantwortung der Frage, welche Rolle ACE2 und eine Therapie mit ACE Hemmern/ARB für Covid-19 spielen.
An epidemiological study exploring a possible impact of treatment with ACE inhibitors or angiotensin receptor blockers on ACE2 plasma concentrations.
Wild PS, Dimmeler S, Eschenhagen T., J Mol Cell Cardiol. 2020 Apr 5. pii: S0022-2828(20)30086-9. doi: 10.1016/j.yjmcc.2020.03.018. [Epub ahead of print] No abstract available.