Die Einnahme von ACE-Hemmern und anderen Medikamenten, die in das RAAS-System eingreifen, führt zu einer Hochregulation der ACE2-Expression auf verschiedenen Zelltypen. Das weiß man aus tierexperimentellen aber auch klinischen Beobachtungen und auch die Gruppe von Stefanie Dimmeler hat dafür kürzlich Hinweise gefunden.
Weil ACE2 auch der Rezeptor für das neuartige Coronavirus SARS-Cov2 ist, entstand die Hypothese, dass Menschen die ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB) dauerhaft einnehmen, mehr ACE2-Rezptoren auf den Zelloberfächen haben und damit das Virus stärker aufnehmen bzw. dass es sich zwischen den Zellen schneller verbreitet.
Für diese These scheint zu sprechen, dass Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen – diese nehmen meist jahrelang Blutdrucksenker ein – häufiger einen schlechteren Verlauf von COVID-19 zeigen. Allerdings kann dafür auch das höhere Durchschnittsalter und die Begleiterkrankungen dieser Patientengruppe verantwortlich sein.
Die oben genannten Überlegungen führten zu einer breiten Diskussion, ob ACE-Hemmer bei COVID-19 Patienten eventuell schädlich sein könnten und abgesetzt werden müssten. Die Fachgesellschaften haben in einer Stellungnahme darlegt, dass die Datenlage bislang nicht für eine derartige Empfehlung ausreicht und die Medikamente bis zum Vorliegen solider Daten nicht abgesetzt werden sollten. Die Medikamente können im Gegenteil auch positive Wirkungen haben wie Schutz vor hypertensiven Entgleisungen und Stabilisierung einer Herzinsuffizienz. Das Absetzen kann bei COVID-19-Patienten also auch ein Nachteil sein.
Am Klinikum der Universität München und der Universität Innsbruck soll daher in einer randomisierten Studie geprüft werden, ob das Pausieren einer ACE-Inhibitor- oder ARB-Therapie und die Umstellung auf alternative Medikamente den Verlauf von COVID-19 günstig beeinflusst. Eingeschlossen werden COVID-19 Patienten mit ACE-Inhibitor oder ARB-Therapie, die symptomatisch sind, aber nicht so schwer, dass sie sofort auf die Intensivstation müssen. Beurteilt werden harte klinische Endpunkte wie Tod und wichtige Organfunktionen. Die Studie umfasst mindestens 208 und maximal rund 800 Patienten.
An der Studie beteiligen sich große Zentren in Deutschland, Österreich und Italien. Damit sind Regionen mit großen Zahlen an Infektionen abgedeckt. Wenn sich viele Zentren beteiligen, gern auch weitere DZHK-Studienzentren, sollte die Studie in wenigen Wochen abgeschlossen sein. Für die Finanzierung wurde ein Antrag beim Corona-Programm der Deutschen Herzstiftung gestellt.
Titel der Studie: Stopping ACE-inhibitors in COVID-19 (ACEI-COVID)
ClinicalTrials.gov NCT04353596